4. Januar 1954: Duisburg stellt die erste deutsche Parkuhren auf

Das Groschengrab: Die erste deutsche Parkuhr

Parkuhr, fotografiert von Sven Storbeck

Das mechanische Innenleben einer Kienzle-Parkuhr, wie sie in den 1970er Jahren hergestellt wurde.

Ach wie war es doch vordem für die Autofahrer so bequem: Man fuhr mit seinem Wagen in die Stadt, parkte vor dem gewünschten Geschäft mitten in der Einkaufsstraße, erledigte seine Einkäufe und konnte danach problemlos wieder fortfahren.

So oder so ähnlich muss man sich die Zustände vorstellen, bevor die Massenmotorisierung einsetzte und es schlicht zu viele Autos für zu wenige Parkplätze vor den Geschäften gab. Das war natürlich zunächst vor allem ein Problem in den USA, und so wundert es nicht, dass dort auch die ersten Maßnahmen gegen Dauerparker unternommen wurden: Schilder begrenzten die Parkzeit auf einen bestimmten Zeitraum, und Polizisten schrieben mit Kreide an die Reifen der parkenden Autos die Uhrzeit, wann sie den Wagen das letzte Mal kontrolliert hatten. Bei einer weiteren Kontrolle konnte man dann das zu lange Parken nachweisen. Aber dieses Verfahren ist personalintensiv – Polizisten haben durchaus etwas anderes zu tun als Autoreifen zu beschriften! –, und es lässt sich leicht überlisten: Kreide ist nämlich nicht wasserfest.

Die Lösung versprach der Journalist Carl Magee aus Oklahoma City: Im Mai 1935 meldete er ein mechanisches Gerät namens Park-o-meter zum Patent an: die erste Parkuhr. Man musste eine Münze einwerfen, damals war es noch Kleingeld, und kaufte damit das Recht, seinen Wagen eine gewisse Zeit zu parken.

Schon im Sommer des Jahres stellte die Stadt Oklahoma 175 dieser Parkuhren auf – mit so großem Erfolg, dass innerhalb weniger Monate die ganze Innenstadt damit zugestellt war. Die Autofahrer mögen Carl Magee verflucht haben, doch bei der Stadt Oklahoma genießen er und seine Erfindung noch heute hohes Ansehen: Auf einmal gab es wieder genügend Parkplätze, es fielen hohe Einnahmen an, es sollen sogar die Gewerbeimmobilienpreise gestiegen sein.

Bald erfuhr man auch in Europa von der neuen Erfindung und war hingerissen. Hermann Göring, der preußische Ministerpräsident, soll gar so begeistert gewesen sein, dass er den sogenannten Parkographen in Berlin einführen wollte. Doch der bevorstehende Krieg drängte das Thema in den Hintergrund, und nach Kriegsausbruch hatte man andere Sorgen.

Erst lange nach dem Krieg – die Bundesrepublik befand sich mitten im Wirtschaftswunder – war es auch bei uns soweit: Am Montag, den 4. Januar 1954, wurden auf der Straße »Am Buchenbaum« in Duisburg die ersten 20 Parkuhren Deutschlands in Betrieb genommen. Mit einer Gebühr von 10 Pfennig pro Stunde wollte man die Dauerparker vertreiben. Nach Basel und Stockholm war Duisburg damit die dritte Stadt in Europa, die derartige »Groschengräber« einführte.

Natürlich sei die Stadt nicht an den Einnahmen interessiert, zitiert die Lokalzeitung den damaligen Verkehrsdezernenten. Sie wolle vielmehr die Einnahmen ausweisen und gemeinnützigen Zwecken zukommen lassen.

Allerdings war der Duisburger Vorstoß nicht ganz zu Ende gedacht, denn nach der damaligen Gesetzeslage gab es eigentlich keine Grundlage für den Verkauf von Parkzeit. Anders als heute, wo sinnvolle Vorschriften auch mal im Kompetenzgestrüpp zwischen Kommunen, Ländern und Bund hängen bleiben, konnte man sich damals aber recht rasch einigen, und schon bald wurde die Straßenverkehrsordnung ergänzt, sodass auch juristisch alles seine Ordnung mit den Parkuhren hatte.

Das für die Parkuhr typische Klacken ist heute aber nur noch selten zu hören. Die Uhren wurden fast überall durch elektronische Parkschein-Automaten ersetzt, die wartungsärmer sind und weniger Personal erfordern. Es gibt Modellversuche, die Parkgebühren minutengenau über die Handyrechnung abzubuchen. Die neueste Entwicklung ist eine mobile Taschenparkuhr namens Park-O-Pin. Sie funktioniert wie eine Stoppuhr und verbraucht dabei das Geld auf der zuvor gekauften Guthabenkarte. Aber allen Fortschritten zum Trotz wird selbst aufgeklärten Autofahrern auch in Zukunft das Herz wohl in die Hose rutschen, wenn eine blaugewandete Amtsperson mit einem Block bei ihrem Wagen steht und die unheilschwangeren Worte spricht: »Sie haben die Parkzeit überschritten. Sind Sie mit einer Verwarnung einverstanden?«

Carsten Heinisch
geschrieben für »Zeitwort« (SWR2) 2007

Das Bild stammt von dem Wikipedia-Nutzer Sven Storbeck und wurde unter der Lizenz Creative Commons Attribution ShareAlike 3.0 veröffentlicht.
Quelle: Wikimedia Commons