22. Juni 1767: Geburtstag von Wilhelm von Humboldt
Bildung als innerer Wert
»Der wahre Zweck des Menschen, … welche die ewig unveränderliche Vernunft ihm vorschreibt, ist die höchste und proportionierlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen. Zu dieser Bildung ist Freiheit die erste und unerläßliche Bedingung…«
Aus der Abhandlung »Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen« (1792)
Von klein auf wurden Wilhelm von Humboldt und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Alexander für den Staatsdienst ausgebildet. Und dann das: Als Wilhelm nach fünf Semestern Studium 1790 tatsächlich in den Staatsdienst tritt und sich zum Richter und für den diplomatischen Dienst ausbilden lässt, gefällt es ihm nicht. Schon Mitte 1791 bittet er um die Entlassung. Auf den Gütern der Familie seiner Frau Caroline befasst sich das junge Paar lieber mit altgriechischer Sprache, Kultur und Philosophie. Er gerät in den Kreis der Weimarer Klassik, zieht nach Jena, berät Schiller.
Mit dem Erbe der Mutter werden die Brüder 1797 finanziell unabhängig. Alexander finanziert seine Südamerika-Expedition, Wilhelm geht nach Paris, reist nach Spanien, lernt Baskisch. 1801 wird er Preußischer Gesandter am Heiligen Stuhl in Rom.
Als das Deutsche Reich nach den Angriffen Napoleons zusammenbricht und Preußen unter Freiherr vom Stein Reformen einleitet, wird der junge Liberale 1809 zurückberufen. Er soll die Leitung der »Sektion des Kultus und des öffentlichen Unterrichts« übernehmen. Keine eineinhalb Jahre bleibt er auf diesem Posten, doch die damals eingeleiteten Bildungsreformen wirken bis heute nach. Er schafft ein dreistufiges Schulsystem mit Elementar-, Gymnasial- und Universitätsunterricht; sein Ziel ist eine »allgemeine Menschenbildung«, keine »Standesbildung« wie an den alten Ritterakademien. Er führt das Lehrerexamen ein, vereinheitlicht die Abiturprüfungen und schafft ein gymnasiales Curriculum. Ende 1809 gründet er die Berliner Universität (die heutige Humboldt-Universität), für deren Betrieb und das Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten er die »Einheit von Forschung und Lehre« vorsieht.
Um seine Stellung im Kabinett zu stärken, will er Minister werden; als der König das verweigert, quittiert er sein Amt, tritt nochmals in den diplomatischen Dienst und kehrt schließlich als Privatgelehrter in sein Schloss Tegel zurück.