17. Januar 1717: Todestag von Maria Sibylla Merian

Genau hingeschaut

Maria Sibylla Merian um 1700.

Die Naturforscherin und Kupferstecherin Maria Sibylla Merian um 1700. Kupferstich von Jakob Houbraken nach einem Porträt von Georg Gsell.

»Ich habe mich von Jugend an mit der Erforschung der Insekten beschäftigt. Zunächst begann ich mit Seidenraupen in meiner Geburtsstadt Frankfurt am Main. Danach stellte ich fest, dass sich aus anderen Raupenarten viel schönere Tag- und Eulenfalter entwickelten als aus Seidenraupen. Das veranlasste mich, alle Raupenarten zu sammeln, die ich finden konnte, um ihre Verwandlung zu beobachten. Ich entzog mich deshalb aller menschlichen Gesellschaft und beschäftigte mich mit diesen Untersuchungen.«

Aus dem Vorwort zu Metamorphosis insectorum Surinamensium

 

Zielstrebig war Maria Sibylla Merian von klein auf gewesen: Heimlich auf dem Dachboden hatte sie sich anhand der Blätter ihres früh verstorbenen Vaters Matthäus Merian, der mit seinen Stadtansichten noch heute in Begriff ist, das künstlerische Handwerk selbst beigebracht; erst mit 10 Jahren ließ ihr Stiefvater, selbst ein renommierter Blumenmaler, ihr Unterricht erteilen.

Kolorierter Kupferstich aus »Metamorphosis insectorum Surinamensium«, Bildtafel XL. Zu sehen ist ein Baum ohne Namen mit Raupe und Imago eines Großen Atlas.

Ihre Blumenbilder ergänzte sie im Stil der Zeit mit Schmetterlingen und Käfern – Symbole für Tod und Auferstehung. Und so ist auch ihr Buch Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung (1679/83), in dem sie ihre Beobachtungen zu den Lebensstadien der Insekten (Ei, Larve/Raupe, Puppe, fertiges Tier) und ihrer Futterpflanzen beschreibt, nicht nur Wissenschaft, sondern auch Ausfluss einer Naturfrömmigkeit, die Gott selbst in den kleinsten Dingen sucht und sieht.

Nach dem Scheitern ihrer Ehe geht sie 1685 in die Niederlande, die Heimat ihres Stiefvaters, und schließt sich einer schwärmerischen Sekte an. Nach sechs Jahren lässt sie sich schließlich in Amsterdam nieder. Dort ist sie fasziniert von der Vielfalt der exotischen Insekten aus der Kolonie Surinam. 1699 entschließt sie sich, dorthin zu reisen, verkauft ihre Habe und segelt nach Südamerika. Zwei Jahre wird sie dort verbringen. Aus ihren Aufzeichnungen entsteht ihr Hauptwerk Metamorphosis insectorum Surinamensium, in dem sie – wunderbar illustriert – ihre systematischen Beobachtungen der Insektenentwicklung zusammenfasst. Das Buch brachte ihr Anerkennung als Naturforscherin, doch konnte sie von den Erträgen kaum leben. Nach einem Schlaganfall starb sie am 17. Januar 1717 unvermögend in Amsterdam.

Carsten Heinisch
geschrieben für einen Almanach des Calwer Verlags, 2017